Probst 911 Retro

RETRO MIT RENNSPORT

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Der Boom bei den Elfern im Look der sechziger und siebziger Jahre geht weiter. Aber gutes Aussehen ist längst nicht alles. Der Backdate-964 von Probst Motorsport glänzt dazu in klassischen Sportwagen-Disziplinen. Und er ist verdammt schnell.
Probst 911 Retro Backdate
© Roman Rätzke

Das Aussehen ist in diesem Teil der Porsche-Welt wichtig, die Täuschung fast perfekt: Der 964 unter der Retro-Optik ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Dieser Elfer wirkt eher wie ein 911 ST mit Fuchs-Felgen im 17-Zoll-Format als wie ein 911 aus den neunziger Jahren. Der Verzicht auf Scheinwerfer in LED-Technik und Räder mit großer Einpresstiefe, die diese klassische Felge fast zweidimensional wirken lassen, tragen dazu bei.

Der Look von früher ist dezent aufgetragen, eine Kombination vieler Zutaten. Die Fenster tragen Chrom, in den Türen gibt es Ausstellfenster, auf den Stoßfängern sitzen verchromte Schutzleisten mit Gummieinlagen. Auch der hellblaue Lack wirkt wie eine Option aus dem Serienfarbenangebot der F-Modelle. Den Türöffner kennt man aus alten Volkswagen, an den Türverkleidungen finden sich eine einfache Tasche und eine kleine Armlehne, die zum Zuziehen dient.

911 Backdate Probst Motorsport
© Roman Rätzke

Der mit einem Chromrahmen versehene Schalter für die elektrischen Fensterheber ist klein genug, um in diesem klassischen Ensemble nicht weiter aufzufallen. Zwei nette Details: die auf die Hebelbetätigung des F-Modells umgebaute Heizungsbetätigung und der schwarze Streifen in Flechtoptik, der quer über das Armaturenbrett verläuft. Die fünf Anzeigen stammen vom 964, erhielten aber Zeiger mit einem Knopf aus Metall. Und das schwarze, tief geschüsselte Lenkrad mit Alcantara-Bezug stammt nicht von Momo, sondern von OMP.

Probst 911 Retro Innenraum
© Roman Rätzke

Probst 911 Retro mit KURBELWELLE AUS DEM 997 GT3 4.0

Thomas Probst (63) aus dem südhessischen Rodgau hat den Wagen gebaut, es steckt auch viel eigene Vergangenheit darin. Viele Jahre leitete Probst ein Rennteam, in dem er auch selbst am Steuer saß. Und diese Doppelrolle durchaus erfolgreich besetzte: 2005 holte das Team mit einem 993 GT2 im Divinol-Cup die Meisterschaft. Die Rennserie war 1990 gegründet worden, um einen Wettbewerb zu schaffen, in dem viele verschiedene Touren- und GT-Wagen gegeneinander in eigenen Klassen antreten konnten. Es gibt sie noch immer – nach verschiedenen Namenswechseln nennt sie sich heute GTC Race.

Auch deshalb betont der Probst 911 Retro eher auf Leistung und Tempo und verlässt sich nicht allein auf den schönen Schein des F-Modells. Herzstück ist der potente Motor. Die Basis für den Antrieb liefert ein Exemplar aus dem 993, das durch eine größere Bohrung (102 statt 100 mm) und eine Kurbelwelle mit mehr Hub (80,4 statt 76,4 mm), ein Bauteil des 997 GT3 4.0, auf 3942 cm3 Hubraum gebracht wurde.

Ein interessantes Detail: Die größeren Zylinder mit 102-mm-Bohrung gibt es in einer Ausführung mit dem Serien-Fassmaß von 107 mm. Dabei fallen die Wandungen der Zylinderbuchse, die im Motorblock verschwindet, dünner aus. Probst geht den anderen Weg, lässt das Motorgehäuse aufspindeln, um Laufbuchsen mit der originalen größeren Wandstärke einsetzen zu können. „Die Zylinderlaufbahn neigt sonst dazu, sich oval zu verformen.“ Auch die Bearbeitung der Köpfe mit größeren Ventilen samt einer anderen Brennraumgestaltung findet nach eigenen Erfahrungen statt. Dazu kommen Nockenwellen mit schärferen Steuerzeiten, außerdem Schmiedekolben, Titanpleuel und eine Einzeldrosselanlage, über der eine Ansaugspinne des 996 GT3 sitzt.

382 PS BEI 6500/MIN im Probst 911 Retro

382 PS bei 6500/min und 427 Nm bei 5600/min ermittelten wir mit unserem Insoric-Messystem. In der Disziplin 100 bis 200 km/h knackten wir mit 8,99 s die Grenze von neun Sekunden, dokumentiert durch das 2d-Datarecording-System. Müsste man nicht bei 190 km/h vom 4. in den 5. Gang schalten, würde die Zeit noch deutlich besser ausfallen.

Damit ist der Probst 911 Retro in der Disziplin so schnell wie ein 997 GT3 der 2. Serie mit 435 PS. Zum Vergleich die Zahlen eines anderen Retro-Elfers mit Vierliter-Maschine und einer Leistung von 367 PS, der bei einer Messung durch Jean Pierre Krämer eine Zeit von 9,85 Sekunden absolvierte.

Probst 911 Retro Rennstrecke
© Roman Rätzke

Zwischen 2000 und 3000/min liegt genug Leistung an, um auch im Alltag ohne Rennwagen-Charakteristik unterwegs zu sein. Trotz Nockenwellen mit viel Überschneidung und großem Hub gibt sich der Motor arbeitswillig und brav. Dazu setzt Thomas Probst weiter auf ein komfortables Zweimassenschwungrad. „Damit hat man einen deutlich ruhigeren Lauf, der Wagen lässt sich so angenehmer in der Stadt bewegen.“ Gekoppelt ist der Motor mit einem Sechsgang-Getriebe mit Sperre.

Aus Gewichtsgründen lieferte ein im Vergleich zum 911 mit Allrad leichter bauender 964 Carrera 2 die Basis. Weil der Wagen nur knapp über 1100 Kilogramm wiegt, genügt zur Verzögerung die Serienbremse des 964, kombiniert mit anderen Bremsbelägen. „Die ist bei dem Gewicht völlig ausreichend.“

Die Höchstgeschwindigkeit haben wir noch nicht ermittelt, das Getriebe dürfte aufgrund der Übersetzung dem Vorwärtsdrang bei der Höchstdrehzahl von 7200/min bei etwa 290 km/h ein Ende setzen. Der Wagen könnte mit einer geänderten Übersetzung noch schneller laufen. Allerdings ist das auch nicht unbedingt das Tempo, für das der Probst 911 Retro mit seinen vergleichsweise zurückhaltenden aerodynamischen Hilfsmitteln gebaut wurde.

Probst 911 Retro
© Roman Rätzke

Weitere Infos zum Umbau und Bilder finden Sie in unserer Ausgabe 2-2023.

Text: Tobias Kindermann

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