Porsche 911 GT2 Exclusive Typ 993

Happy End aus Ausgabe 3-2024

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Auch die Steigerung des Superlativs ist in Ausnahmefällen möglich. Wenn der GT2 die Krönung der Baureihe 993 darstellt, markiert dieser Solitär die exklusive Spitze der ersten GT2-Serie: Der Porsche 911 GT2 Exclusive Typ 993.
Porsche 911 GT2 Exclusive Typ 993
© Roman Rätzke

Dieser Elfer ist kein Unbekannter in der Porsche-Welt da draußen, auch wenn ihm die Wenigsten einmal leibhaftig begegnet sein dürften. Aber wer Coppa Florio und Porsche in das Suchfeld des Internet-Browsers eingibt, wird ohne Umwege auf diesen GT2 stoßen. Es gibt offizielle Werksfotos der Exclusive-Manufaktur, beiläufige Schnappschüsse und sogar Modellautos, die ihn im Maßstab 1:18 nachempfunden sind. Aber die Wirklichkeit übertrifft natürlich alles.

1996 gab ein Porsche-affiner Tuchfabrikant aus dem Badischen diesen, seinen im höchsten Maße individualisierten 993 in Auftrag. Schon die Auswahl des Basisfahrzeugs geriet zum Statement: Der auf dem Turbo basierende GT2 war das in seinem Auftreten extremste und mit einem Basispreis von fast 280.000 Mark teuerste Auto der Porsche-Modellpalette.

Ein 911 Carrera kostete weniger als die Hälfte – äußerte ein Kunde über die serienmäßige Exklusivität hinaus also noch Extrawünsche, musste es ihm ernst sein. Aber ein Auto für Porsche-Anfänger war der 993 GT2 sowieso nicht.

Porsche 911 GT2 Exclusive Typ 993 Seitenansicht
© Roman Rätzke

BITURBO UND HECKANTRIEB

Wie seine solventen User stand der GT2 immer weit oben in der Nahrungskette. Und ähnlich wie beim legendären 911 Carrera RS 2.7 steckte auch hier die Konzeption eines für den Breitensport geeigneten Modells dahinter, eines Autos für die Straße UND mit dem notwendigen Talent sowie der bestmöglichen Technik für die Rennstrecke – also eines Porsche im ursprünglichen Sinne.

Die Entwicklung zum Elfer mit der in der Porsche-Nomenklatur neuen Bezeichnung startete 1994 und stellte eine zielgerichtete Kombination bestmöglicher Komponenten dar: Den in der Leistung von 408 auf 430 PS gesteigerten Biturbo-Motor des 993 Turbo, Frontspoiler und reduzierte Türtafeln vom RS sowie verschraubte Radhausverbreiterungen aus Kunststoff, die im Falle einer Kollision auf der Rennstrecke leicht getauscht werden konnten.

Wie die handfest verbreiterte Karosserie blieb der großformatige Heckflügel ein Alleinstellungsmerkmal. Er sorgte für Abtrieb, leitete den Luftstrom zu den Ladeluftkühlern und führte durch die seitlichen Öffnungen des Flügels Ansaugluft zu.

Porsche 911 GT2 Exclusive Typ 993 Heckflügel
© Roman Rätzke

Leichtbau war ein zentrales Thema der GT2-Genese. Aus Gewichtsgründen verzichtete der GT2 auf die angetriebene Vorderachse der 993-Turbo-Basis, es gab weder Rücksitzanlage noch Heckscheibenwischer, Kofferraumdeckel und Türen bestanden aus Aluminium, Heckscheibe und Seitenverglasung aus Dünnglas. 205 Kilogramm wurden so eingespart, die Höchstgeschwindigkeit stieg von 290 auf 295 km/. Aber auch der Preis lag noch einmal um mehr als 50.000 Mark über dem eines normalen 911 Turbo.

LEICHTBAU MASSGEBLICH

Ein gutes Jahr lang stellte der Anfang 1995 präsentierte GT2 das stärkste und schnellste Modell dar, das Porsche im Programm führte, dann zog der 430 PS starke 993 Turbo WLS mit 2 km/h Vorsprung und einer Spitze von 297 km/h vorbei. Zum Modelljahr 1998 legte wiederum der GT2 mit einer Leistung von 450 PS nach, zeitgleich erschien der Turbo S mit identischer Leistung – es existierten viele Querverbindungen innerhalb der 993-Baureihe, aber an die herausgehobene Stellung des in einer Stückzahl von 172 (1. Serie) und marginalen 21 Einheiten (2. Serie) gebauten GT2 kam kein anderer Elfer heran.

Dass er als Erster seiner Art der Begründer dieser GT-Reihe sowie der letzte mit Luftkühlung war, nährt bis heute den Ruf der Turbo-Elfer-Ikone. Wie sich das noch toppen ließe? Mit einer ganz eigenen, höchst exklusiven Konfiguration!

Der Auftrag für Lack und Leder ging an Porsche Exclusive, die Abteilung für Besonderheiten abseits der Großserie. Umgesetzt wurde er vom zuständigen Mitarbeiter und Exclusive-Kundenberater Peter Fraschka. Das Geschäftsfeld der Individualisierung gab es da bereits über 30 Jahre: Vor der Umbenennung im Jahr 1986 firmierte Porsche Exclusive erst als Werksreparatur, später als Sonderwunschprogramm.

© Roman Rätzke

VOLLLEDER-AUSSTATTUNG IN LETZTER KONSEQUENZ

Die Liste an Mehrausstattungen (M) ab Werk für den GT2 gestaltete sich begrenzt: Radio Bremen oder Düsseldorf, optionale Sportsitze (ohne Mehrpreis), Klimaanlage, Airbags in Verbindung mit elektrischen Fensterhebern. M 496 beschrieb den aufpreisfreien Entfall der geklebten Modellbezeichnung am Heck, M 003 das im Ausstattungsumfang reduzierte, 16.800 Euro teure Clubsportpaket. Auf drei Typen ließ sich das GT2-Angebot im Großen und Ganzen herunterbrechen: die Straßen-Version M 002, die besagte Clubsport-Variante M 003 und die für den Rennsport vorbereitete Ausführung M 005.

Aus dem gleichen Grund, um die Produktion des nur in kleinsten Stückzahlen produzierten GT2 zu vereinfachen, führte Porsche auch nur eine kleine Anzahl von Farben im Programm. Im Modelljahr 1996 waren das Schwarz, Indischrot, Grandprixweiß, Rivierablau, Speedgelb sowie Polarsilber-Metallic und Nachtblau-Metallic.

128 Kunden griffen im ersten Jahr zu Serienfarben, 13 ließen sich ihren Wagen auf Sonderwunsch in einer anderen Farbe lackieren – und nur ein 993 GT2 wurde in Coppa Florio lackiert. Auffälliger gerieten vielleicht nur jene beiden Autos, die in Ferrari-Gelb, bzw. dem alten 911-Farbton Blutorange das Werk verließen.

Der pastellige, hellblaue Farbton Coppa Florio (Code 360) war ursprünglich in den Modelljahren 1976/77 als Sonderfarbe der 911-G-Serie erhältlich gewesen. Im Falle des speziellen GT2 kamen noch in der gleichen Farbe lackierte Felgensterne der Speedline-Räder und eine kontraststarke Lederausstattung dazu.

Porsche 993 GT2 Coppa Floria Innenraum
© Roman Rätzke

Vollleder-Ausstattung definiert dieser GT2 völlig neu und in noch nie gesehener Konsequenz. Von der Kofferraumhauben-Entriegelung über die Zündschlossrosette bis zu Lichtschalter, Radio, Rückspiegel und den Ringen der Rundinstrumente zeigen sich Innenraum und Cockpit komplett im Sonderleder „Can-Can-Rot“. Und natürlich befindet sich der in Teilen belederte Zündschlüssel in einem passenden, maßgefertigten Etui und liegen Sportfahrer-Handschuhe aus dem identischen Leder bereit. Eine Optikorgie in tiefem Rot!

KOSENAME „WÖLKCHEN“

Auf das weltweit einzigartige Know-how der flächendeckenden Verarbeitung war Porsche besonders stolz. Um Passgenauigkeit und Beständigkeit zu garantieren, musste das zu Leder acht Stunden in einer Klimakammer vorschrumpfen. Für bis zu 75 verschiedene Bauteile waren mitunter acht ausgesuchte Kuhhäute nötig. Selbst der rote Mapotex-Teppich war eine Spezialanfertigung.

Die ursprünglich orangen, hier rot eingefärbten Blinkleuchten gingen auf Peter Fraschka zurück, wie der in dem 911-GT2-Standardwerk der Autoren Christoph F. Mäder/Jan Kouhm erklärt: „Da gab es die roten Bremssättel und die roten Rückleuchten. Da passten die orangen Blinker einfach nicht dazu. Solche kleinen Details haben wir zusammen mit unseren Kunden entwickelt.“ Die größeren Endrohre des Modelljahres 1997 bekam der Sonderwunsch-GT2 mit den Fahrgestellendziffern 197 bereits im Juni 1996 mit auf den Weg.

Porsche 993 GT2
© Roman Rätzke

Dafür fehlten Klimaanlage, Airbags und elektrische Fensterheber – der so expressiv gestaltete GT2 sollte bei aller offensiven Freude an der Farbe ein Fahrerauto im Sinne der eigentlichen Konzeption bleiben.

Damals, sagt sein heutiger Besitzer, sei er der teuerste GT2 der 172 Autos zählenden 1. Serie gewesen. Heute nennt er ihn aufgrund der luftigen, himmelblauen Lackierung „Wölkchen“ und wünscht sich nichts sehnlicher als einen GT2 auf 992-Basis. Natürlich in der Sonderwunsch-Farbe Coppa Florio.


Dieser Artikel erschien in Ausgabe 3-2024 mit vielen weiteren Bildern.

Text: Jan-Henrik Muche

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