Fahrbericht Porsche 911 Dakar Typ 992

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Eher ein Show-Car oder ein ernst gemeinter Versuch von Porsche, unter vielen Varianten der 911-Modelle eine weitere Nische zu besetzen? Wir brachten den 992 Dakar zum Härtetest mit dem zweifachen Rallyemeister Ruben Zeltner zusammen.
Rallye-Fahrbericht Porsche 911 Dakar
© Maximilian Balázs

DAS IST ER

Porsche lässt einem die Illusion. Der Konfigurator für den 911 Dakar ist noch aufrufbar, ganz so, als ließe sich noch einer kaufen. Weit gefehlt, die geplanten 2500 Exemplare sind längst verteilt. 220.020 Euro Einstandspreis schreckten nicht ab. Auch deshalb, weil wie bei nahezu allen edlen und limitierten Sondermodellen des 911 eine respektable Wertsteigerung zu erwarten ist. Das ist nichts Neues. Damit der finanzielle Zuwachs auch wirklich realisiert wird, ist schonender Umgang angeraten – am besten hinstellen, warten, kassieren.

Dabei ist es besonders beim Dakar reizvoll, ihn auch als Fahrmaschine zu sehen und einzusetzen. Er beherrscht, was kein aktueller 911 außer ihm kann – trotz der fast schon unüberschaubaren Auswahl an drei Basismotoren mit zusammen sieben Leistungsvarianten, drei Karosserieformen und beim Carrera der Wahl zwischen Heck- und Allradantrieb.

Ruben Zeltner im Porsche 911 Dakar
© Maximilian Balázs

Dabei ist er nicht nur ein schön hergerichteter 911 Carrera 4 GTS mit Allrad und 480 PS, der der Rallye-Vergangenheit der Marke huldigt. Porsche meint es durchaus ernst. „Ein Rallye-Auto ist er natürlich nicht, damit kann man ihn nicht vergleichen. Das ist aber auch logisch. Die haben ganz andere Differenziale, ein Fahrwerk mit noch einmal deutlich mehr Federweg. Für mich ist der Dakar ein Spaßauto, gebaut für rutschigen Untergrund. Da gehört er hin“, sagt Ruben Zeltner. Der Mann ist Profi, hat zweimal die Deutsche Rallyemeisterschaft gewonnen. Auf einem 911!

DAS KANN ER | Fahrbericht Porsche 911 Dakar

Die logische Wahl für den ersten Teil des Fahrtests: ein kleiner Parcours in einem Steinbruch. Dort bekommt der Dakar schon einmal ein großes Lob von Zeltner: „Mich hat begeistert, wie handlich das Auto auf den Schotterwegen ist. Es lenkt schön ein, untersteuertnicht. Wenn das Heck kommt, lässt es sich gut mit dem Gaspedal dirigieren. Das hat mich schon beeindruckt.“

Porsche hat den Dakar im Vergleich zum 911 mit Sportfahrwerk um 50 mm höher gelegt, das ergibt eine Bodenfreiheit von 161 mm. Der Wagen lässt sich noch einmal um weitere 30 mm anheben. Das System basiert auf dem bereits von Porsche angebotenen Vorderachsliftsystem für andere 911. So hochgefahren darf er bis zu 170 km/h schnell sein, darüber senkt der Dakar sich wieder auf Serienhöhe ab. Bedingt durch die grobstolligen All-Terrain-Reifen ist bei Tempo 240 km/h Schluss. Sie haben das Format 245/45 R 19 an der Vorder- und 295/40 R 20 an der Hinterachse. Der größere Querschnitt ergibt eine höhere Seitenwand. Darüber tragen sie zehn Millimeter zur erhöhten Bodenfreiheit bei. Der große Querschnitt bedingt auch die Verwendung von 19-Zoll-Rädern vorn und 20-Zoll-Rädern hinten. Sie sind je einen Zoll kleiner als beim 911 Carrera GTS.

Fahrbericht Porsche 911 Dakar
© Maximilian Balázs

Für den Einsatz abseits befestigter Straßen hat Porsche nicht nur die Federwege größer ausgelegt, die Federrate ist darüber hinaus auch weicher. Alle serienmäßigen Fahrwerksysteme (PASM, Wankstabilisierung PDCC und Hinterachslenkung) wurden neu abgestimmt. Dazu können am Lenkrad zwei spezielle Fahrprogramme abgerufen werden: Rallye und Offroad.

RUBEN ZELTNER

Ruben Zeltner hat Spaß im Porsche 911 Dakar
© Maximilian Balázs

Ruben Zeltner wurde am 12. März 1959 in Lichtenstein geboren, wuchs ab seinem 8. Lebensjahr in Österreich auf. Seit 1995 ist er Geschäftsführer am Sachsenring und baute dort das Verkehrssicherheitszentrum auf. Zeltner ist seit Jahren Leiter des Sport-Auto-Perfektionstrainings auf der Nordschleife und gilt darüber hinaus als Rallye-Spezialist: Er gewann 2014 und 2015 mit seinem 997 die Deutsche Rallyemeisterschaft.

„Rallye“ ist sozusagen das Pendant zu „Sport +“ in den anderen Modellen. Schotterstrecken, nasse Wiesen und Waldwege mit Matsch sind das Einsatzgebiet Im Modus „Offroad“ wird der Wagen automatisch um 30 mm angehoben und bekommt mehr Drehmoment auf die Vorderachse, zudem wird die Quersperre an der Hinterachse geschlossen. Gut für das Surfen in Dünen in der Wüste, sagt Porsche. Doch so etwas wird nicht jeder Besitzer eines Dakar hinter seinem Haus vorfinden.

Welche Einstellung Zeltner bevorzugt? „Rallye natürlich, das sagt ja schon der Name. Ich bin kein Offroad-Mann.“ Damit lasse sich der Dakar sehr dynamisch bewegen. Der kleine Kurs in der Kiesgrube wird zum Driftparcours: „Da kann man schön quer fahren, und das wollen wir ja alle.“

Wo findet der Dakar noch eine Spielwiese? „Was ich mir gut vorstellen kann: mit dem Auto nach Finnland gehen, dort Spike-Reifen montieren. Da macht er richtig Spaß.“ Auch unbefestigte Straßen, wie sie in den nordischen Ländern noch anzutreffen sind, sind wie für den Dakar geschaffen. „Alles, solange es nicht zu brutal mit großen Schlaglöchern wird. Dafür ist das Auto dann doch nicht gebaut.“

Könnte ein Dakar die Basis für ein Rallye-Auto werden? In dem Fall würde er eine Homologation benötigen. „Es gibt heute aktuell vier Reglements, R1 bis R4. Da findet sich keine Klasse, in die er reinpasst. Er wäre auch zu schwer, weil er noch auf einem Serienwagen basiert.“ 1605 kg nach DIN gibt Porsche an.

Auch wenn er deren den Namen trägt – die Rallye Dakar wäre ebenfalls keine Option. „Das ist natürlich eine nette Idee von Porsche gewesen, ihn so zu nennen und auch optisch anzupassen.“ Doch er bleibe eben ein Straßenauto, optimiert für das Fahren auf Schotter. Doch das habe Porsche sehr gut hinbekommen: „Ich habe mich mit dem Wagen sofort wohl gefühlt, er schiebt nicht, lenkt gut auf der Bremse ein. Da verhält er sich ganz anders als die Serien-Porsche.“

© Maximilian Balázs

Wer einen Porsche 911 heute im Rallye-Sport einsetzen möchte, muss auf den 996 GT3 oder 997 GT3 zurückgreifen, für den es eine immer noch gültige Homologation gibt. Zeltner gewann auf so einem Wagen 2014 und 2015 die Deutsche Rallyemeisterschaft, setzt so ein Modell auch heute noch bei verschiedenen Veranstaltungen ein.

Eines überrascht: Hier sei der Dakar dem Rallye-GT3 auf Schotter klar überlegen: „Mit meinem Wagen habe ich nur eine Asphaltabstimmung und keine entsprechenden Reifen. Unter den Bedingungen kann man den Wagen eigentlich vergessen. Wenn ich den wie beim Dakar auf Knopfdruck auf Schotter umstellen könnte, würde es besser aussehen. Ich wäre erheblich schneller.“

Auch unter anderen rutschigen Bedingungen würde der Dakar jedem Rallye-911-GT3 davonfahren. Der Dakar sei der GT3 für Schotter. Er gerate hier auch erst sehr spät in den Regelbereich der Fahrassistenzsysteme. Das überrasche ihn aber nicht: „Porsche baut meiner Meinung nach die besten Regelsysteme, ganz gleich welches Auto man betrachtet. Sie greifen sehr spät ein. Das ESP etwa auf einem Kurs wie der Nordschleife auszuschalten, wäre fahrlässig. „Der Grenzbereich liegt sehr hoch. Das ist ein Rettungsanker und man kann trotzdem richtig schnell fahren.“


Teil 2 der Fahrprüfung, was er nicht kann und das Gesamtfazit lesen Sie in der Jubiläumsausgabe 6-2023.

Text: Tobias Kindermann

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