928 Geräuschmessfahrzeug

Lauschangriff

Teilen
Er sieht aus wie ein Entwurf aus den „Mad Max“-Designstudios, wie ein Prototyp für Zeitreisen aus „Zurück in die Zukunft“. Aber es steckt mehr dahinter! Dieser 928 ist ein Dauerläufer, ein rollender Prüfstand mit einer langen Geschichte. Das Porsche 928 Geräuschmessfahrzeug.
Porsche 928 Geräuschmessfahrzeug
© Götz von Sternenfels

Am Ende stand er immer häufiger nur noch herum, aber so richtig gehen lassen wollten sie ihn in Weissach dann doch nicht. Gefühlt war er doch schon immer da gewesen. Und es gibt wohl keinen Mitarbeiter des Test- und Entwicklungszentrums, der dem so eigenwie einzigartigen silbernen 928 mit den vielen Anbauteilen nicht begegnet wäre. Mehr als 30 Jahre lang half er, Autos leiser zu machen.

Heute steht er im firmeneigenen Museum und wirft – ohne Vorkenntnis seiner Geschichte – aufgrund seines bizarren Auftretens zuallererst die Frage auf: Was, verflixt nochmal, ist das?

„Er ist ein echter Dinosaurier“, sagt Harald Mann, doch er bezieht sich damit auf die lange Karriere im Testbetrieb, die für einen Versuchswagen in Weissach einmalig sein dürfte. „Und er könnte noch heute seinen Zweck erfüllen.“ Um „Geräuschgesetzerfüllung“ ging es bei seinen vielen Einsätzen. Um die Erfassung „außengeräuschrelevanter Parameter während einer Vorbeifahrt“ zur Erfüllung gesetzlicher Lärmemissionsvorgaben. Dass es damals ein 928 wurde (und so lange blieb), mag wie ein Zufall wirken. War es aber nicht.

928 Geräuschmessfahrzeug
© Götz von Sternenfels

„Motor vorne oder hinten oder Platzangebot, das war egal. Für die Testfahrten brauchte es in erster Linie viel Leistung im unteren Drehzahlbereich. Deshalb schied der 924 aus, ein 944 mit seinem typischen Getrieberasseln bei niedriger Last kam ebenfalls nicht in Frage. Und ein 911 mit Luftkühlung war zu laut“, sagt Mann. „Es war wichtig, die Geräusche des Fahrzeugs so gut wie möglich zu minimieren.“

Seit 40 Jahren arbeitet der gelernte Mechaniker Harald Mann (60) bei Porsche, mehr als 30 davon an Prüfständen in Weissach, die meiste Zeit in der Fahrzeugakustik. Es sei ein komplexes, aber spannungsreiches Feld, in dem schon immer auch die Frage im Mittelpunkt stand, wie laut ein Fahrzeug gemäß Gesetzesvorgaben sein darf.

GESETZLICHE VORGABEN

Die Teilschallquellen, die mechanischen Geräusche von Motor und Getriebe, das Abrollgeräusch der Reifen, Ansaugmündungs- und Abgasgeräusch ergäben in Summe ein Gesamtgeräusch, das einen bestimmten Wert nicht übersteigen dürfe, erklärt Mann. Ende der Achtzigerjahre lag der Grenzwert bei einer „beschleunigten Vorbeifahrt“ mit 50 km/h bei 75 dB (A). „Künftig werden es nur noch 68 dB (A) sein.“ Vor allem für Sportwagen sei das eine hohe Hürde, auch weil diese breite, auf hohe Geschwindigkeiten ausgelegte Reifen bräuchten. Leise seien solche Gummis nie.

„Das mechanische Geräusch des Motors und der Reifen ist eigentlich kaum zu beeinflussen. Am Ende ist es immer eine Mischkalkulation: Sind Motor und Getriebe besonders leise, darf der Auspuff beispielsweise etwas lauter werden. Sind die Reifen übermäßig laut, muss vielleicht das Ansauggeräusch leiser ausfallen.“ Weil mit dem 1989 in Dienst gestellten, handgeschalteten Transaxle-Sportwagen mit der weinroten Multicolor-Innenausstattung ausschließlich das Lärmniveau unterschiedlicher Reifen ermittelt werden sollte, wurde daraus der wahrscheinlich leiseste 928 der Welt.

© Götz von Sternenfels

Um die Lärmquellen Motor und Antrieb sowie Ansauggeräusch und Abgas zu isolieren und minimieren, packten sie den 928 buchstäblich in Watte. Den Kühler montierten die Ingenieure vor der Stoßstange, der rauschende Ventilator wurde von vornherein eingespart und der Prozess des Ansaugens in ein großes Fass – im Ingenieurssprech: Ansaugmündungsdämpfer mit bestmöglicher Dämmung – verlagert. Von diesem führten Leitungen zum Triebwerk im vollständig bis in den letzten Winkel gekapselten Motorraum. Um die Kühlung des Vierventil-V8 zu sichern, ließen sich auf Knopfdruck zwei in Hutzen auf der Motorhaube untergebrachte Ventilatoren zuschalten, die bei Bedarf heiße Luft nach außen zogen.

928 Geräuschmessfahrzeug Seitenansicht
© Götz von Sternenfels

Der völlig unverändert belassene Kühler inklusive serienmäßiger Zarge und die Schweißnähte am Kessel zeigen, dass es keinen Schönheitspreis zu gewinnen galt. Pragmatisch ging es beim Umbau zu, die Form hatte der Funktion zu folgen. Ähnlich wurde am Heck verfahren. Die Abgasanlage besteht im Wesentlichen aus einem auf der Heckscheibe verzurrten XXL-Endschalldämpfer, aus dem zwei handgeschweißte Auspuffrohre in Richtung Heck weisen. Nicht zu sehen auf den Fotos: das komplett eingepackte Transaxlerohr und der rund um das Getriebe gedämmte Unterboden.


Den kompletten Artikel mit weiteren Fotos finden Sie in unserer Ausgabe 2-2024.

Text: Jan-Henrik Muche

Bildergalerie
Ähnliche Artikel
Artikel teilen

Bitte wählen Sie eine Plattform, auf der Sie den Artikel teilen möchten:

Beitrag melden

    Ihr Name

    Ihre E-Mail-Adresse

    Bitte beschreiben Sie kurz, warum dieser Beitrag problematisch ist

    [honeypot company]


    xxx
    Newsletter-Anmeldung

    * Pflichtfeld

    ** Der HEEL Verlag erhebt Ihre Daten zum Zweck des kostenlosen E-Mail-Newsletters. Die Datenerhebung und Datenverarbeitung ist für die Durchführung des Newsletters und des Informationsservice erforderlich und beruht auf Artikel 6 Abs. 1 a) DSGVO. Zudem verwenden wir Ihre Angaben zur Werbung für eigene und HEEL-verwandte Produkte. Sie können sich jederzeit vom Newsletter abmelden. Falls Sie keine Werbung mehr auf dieser Grundlage erhalten wollen, können Sie jederzeit widersprechen. Weitere Infos zum Datenschutz: ds.heel-verlag.de